Meine Kinder haben eine ausgeprägte Liebe für Halloween, das jedes Jahr bereits Mitte September mit dem ersten Harry-Potter-Film eingeläutet wird. Von da an werden 6 Wochen lang jeden Tag Rezepte für Augäpfel in Eiter vorbereitet und der Kaminsims füllt sich mit blutigen Zombie-Mumien aus Papprollen, Heißkleber und Nagellack. 

Diese Gelegenheit nutze ich, um über Angst zu schreiben. 

Ich war schon immer ein ängstlicher Mensch. Wobei – eigentlich möchte ich mich gar nicht mehr als bestimmte Art von Mensch bezeichnen. Denn ich hab festgestellt, dass ich von Moment zu Moment ganz unterschiedliche Versionen sein kann. Manchmal bin ich ein fröhlicher Mensch. Dann ein trauriger. Dann ein alberner, schüchterner, mutiger, entspannter oder wütender. Und gar nicht so selten bin ich alles zusammen. Was ich eigentlich sagen will:

Ich hatte in meinem Leben schon häufig furchtbare Angst vor vielem. 

Zum Beispiel davor, ausgelacht zu werden. Eine schreckliche Krankheit zu bekommen. Einen geliebten Menschen zu verlieren. Meine Bachelorarbeit nicht rechtzeitig abgeben zu können. Deshalb ein Leben unter der Brücke zu führen. (Interessanterweise haben meine Bachelorarbeit und meine Finanzen ungefähr so viel miteinander zu tun wie ein Schuhanzieher mit einem Tasmanischen Beutelwolf.)

Und mit der Zeit sind neue Ängste dazugekommen. Besonders seit wir beschlossen haben, unser Leben völlig umzukrempeln und alles anders zu machen, als von einer deutschen Familie erwartet wird. 

Die Angst, dass wir in Ägypten nachts unbemerkt von einer tollwütigen Fledermaus angeniest werden könnten. Zum Beispiel. Oder ganz schnöde bei einem der vielen Verkehrsunfälle draufgehen. Dass unsere Kinder mit 20 beklagen, sie hätten viel lieber 13 Jahre in der Schule gesessen. Dass wir – wenn schon nicht an Tollwut – vielleicht an Heimweh und gebrochenen Herzen sterben.

Von den Ängsten, die mein Blog und Podcast mit sich bringen, will ich gar nicht erst anfangen. Sie  bewegen sich zwischen dem Gefühl, in ein Becken voller Piranhas zu springen und allein in der Wüste zu vertrocknen.

Meine absolute Horrorvorstellung aber ist dies:

15 Jahre lang jeden Morgen um 6 Uhr erst mich selbst und dann meine Kinder aus dem Bett quälen zu müssen. Liebevoll-stoisch ihr Flehen zu ignorieren, dass sie bitte bitte noch fünf Minuten liegen bleiben dürfen. Den leeren Blick beim Frühstück. Die erste Träne, die in den Kakao tropft. Die 1000. Frage: 

„Mama, warum muss ich da hin?“ Und nur eine Antwort zu haben: „Weil das eben so ist.“

15 Jahre lang nachmittags erschöpfte, gereizte Kinder vom Spielen abhalten zu müssen, damit sie ihre Hausaufgaben machen. Mich dabei innerlich schonmal für Wutanfälle, knallende Türen und herumfliegende Stifte zu wappnen. Jede Woche einen neuen Motivationsplan erfinden, der nicht funktioniert.

15 Jahre lang abends am Bett all die traurigen Geschichten zu hören, von jungen Menschen, die von einer Aufgabe zur nächsten hetzen. Die sich gegenseitig aufstacheln und piesacken. Die in Not sind und keine Hilfe bekommen, weil der Plan zu voll ist. 

Das tränennasse Kopfkissen zu wenden. Und wieder keinen Ausweg zu kennen. 

15 Jahre lang vom Reisen zu träumen – aber das Land nur verlassen zu dürfen, wenn Ferien sind. Weil sonst Schulleitung und Bundespolizei mit Strafe drohen. 

15 Jahre lang bei jedem Elternabend, jedem Kindergeburtstag, jeder Familienfeier eine Maske zu tragen. (Nein, nicht den Corona-Mundschutz!) Ständig Gespräche führen müssen, die mir Übelkeit machen. Gespräche, nach denen ich nie gefragt habe, über Ziele, die nicht meine sind. So zu tun, als würde das alles irgendeinen Sinn ergeben. 

15 Jahre lang alle anderen und mich selbst anzulügen. Weil ich weiß, dass es anders geht. Weil ich weiß, dass wir anders leben könnten. 

Dieser Käfig ist meine allergrößte Angst. Da nehm ich lieber die tollwütigen Fledermäuse. 

Wenn du dich auf deinem Weg von mir begleiten lassen möchtest, kannst du verschiedenes tun – je nachdem, wie viel und wie enge Begleitung du dir wünschst:

  • Abonniere meinen Podcast Stark und Verletzlich.
  • Trag dich auf meinen Newsletter ein. 
  • Schreib mir eine kurze (oder auch längere) Email an info@sajuno.de und ich schicke dir den Anmeldelink für ein kostenfreies Kennenlerngespräch. Dort besprechen wir gemeinsam, in welchem Rahmen ich dich persönlich begleiten kann. Ich freu mich auf dich!

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