Hast du dir als Kind gewünscht, dass die Sommerferien nie aufhören? Und denkst du auch jetzt noch mit Unbehagen an den Herbst, wenn der Alltag wieder losgeht?
Ich hab mich mein Leben lang nach Ferien gesehnt. Wollte ausschlafen. Mich morgens noch dreimal umdrehen und weiterdösen. Niemanden wecken müssen. In Ruhe gemeinsam frühstücken. Weniger Termine. Alles ein bisschen langsamer. Abends um 10 ums Feld spazieren. Ausflüge ans Meer machen und stundenlang den Wellen lauschen – mitten in der Woche.
Mein Mann und unsere Kinder wollten das Gleiche und der Jüngste verkündete schon früh:
„Heute will ich nichts vorhaben. Heute will ich nur spielen.“
Wenn es dir auch so geht, kennst du eine gängige Antwort: „Aber so ist das nunmal nicht. Man kann nicht immer ausschlafen, den ganzen Tag spielen oder ans Meer fahren, wenn man will.“
Und wenn du ein bisschen in dich hinein lauschst – sagt da eine Stimme, dass du eigentlich nur eine faule Socke bist? Und dass Eltern, die so etwas wollen, sich einfach mal zusammenreißen und ihren Job machen sollten?
Ausschlafen… pffft, also ehrlich!
Als wir vor Jahren einem Bekannten von schulfreiem Leben erzählten, meinte er: „Ja klar, ich hätt auch gern immer Ferien!“ Und obwohl der Unterton abweisend war, nahm ich diesen Satz ernst und dachte mir:
Warum eigentlich nicht? Wollen wir das nicht alle? Und wenn wir es uns so tief im Inneren wünschen – warum machen wir diesen Wunsch vor uns selbst immer wieder lächerlich?
Der Job von Eltern…
…hat keinen Feierabend. Jedenfalls nicht in dem Rahmen, den unsere Gesellschaft uns gibt. Und eigentlich sind es mindestens 3 Jobs (Begleitung der Kinder, Erwerbsarbeit und Schulpflichtdurchsetzung) – plus hunderte Erwartungen, denen wir sowieso nie gerecht werden können.
Sich als Eltern Ferien zu wünschen ist, wie am Äquator vom Skifahren zu träumen.
Etwas, das so unerreichbar scheint, wollen wir uns nicht vorstellen – weil der Schmerz über die Unerreichbarkeit schwer zu ertragen ist. Lieber machen wir uns darüber lustig.
Aber ich hatte schon immer ein Rebellenherz. Und je stärker Leute sich über einen Wunsch lustig machen, desto mehr Power liegt für mich in diesem Wunsch.
Ich wollte mich nicht damit abfinden, dass mein Leben als Mutter erschöpfend und einsam sein sollte.
Ich wollte nicht im Hamsterrad leben, nur weil das angeblich der Normalzustand von Eltern ist – und weil eine „gute Mutter“ sich darüber nicht zu beklagen hat.
Ich wollte Ferien. Für immer. Genau wie unsere Kinder.
Und irgendwann begann ich drauf zu pfeifen, ob das geht oder nicht. Ob Eltern das dürfen oder nicht.
Inzwischen ist es mir sogar egal, ob ich faul bin.
Faul sein bedeutet für mich, keinen Druck zu haben. Einfach nur zu SEIN und damit goldrichtig zu liegen.
Dass wir als Familie inzwischen einen deutlich entspannteren Alltag haben, ausschlafen und ans Meer fahren können, wann wir wollen – das liegt zu einem großen Teil daran, dass wir uns von den Zwängen des Schulalltags befreit haben und in einem Land leben, in dem Menschen generell alles gelassener angehen.
Aber bevor du denkst, dass wir im Schlaraffenland der ungetrübten Glückseligkeit leben, will ich darauf hinweisen:
Nervkram gibt es immer.
Natürlich sind von uns Eltern nicht plötzlich alle Verantwortlichkeiten abgefallen. Wir brauchen Einkommen, um Miete und Essen zu zahlen. Wir selbst oder die Kinder können krank werden. Wir brauchen ein Zuhause, das geputzt werden muss, und ein funktionierendes Auto, das uns zum Meer bringt (Öffis gibt es hier leider kaum).
Sowohl mein Mann als auch ich haben ein eigenes Business gegründet und verbringen manchmal Stunden mit Buchhaltungs- und Steuergedöns. Und ja, manche Aufgaben nerven gewaltig – und müssen trotzdem erledigt werden.
Die Frage ist nur:
Welchen Stellenwert hat der Stress und wieviel Raum nimmt er in unserem Leben ein?
Früher bestand mein Leben zu 80 Prozent daraus, irgendetwas tun zu müssen. Wie ich mich dabei fühlte oder ob ich überhaupt etwas fühlte, war weit in den Hintergrund gerückt. Ich war da, um zu funktionieren.
Und dann gab es da diese kleinen Inseln, die ich versuchte, mit dem zu füllen, was mir Freude machte. Spazieren, tanzen, Musik machen, lesen oder essen gehen. Oft konnte ich aber auch diese Momente nicht richtig genießen, weil sie überlagert waren von dem Gefühl, in allen anderen Bereichen noch nicht genug geschafft zu haben. Besonders, seit ich Mutter war.
Es beginnt mit Ferien im Kopf.
Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass wir das umdrehen können. Dass unsere Lebensfreude 80 Prozent bekommt und der Rest 20. Dafür kannst du Folgendes tun:
1. Schmeiß alles raus, was nicht wirklich sein muss.
Im Leben einer Mutter gibt es Unmengen Druck und Stress, der eigentlich unnötig ist. Vieles ist dir wahrscheinlich gar nicht bewusst, weil du es automatisch machst oder von dir erwartest. Ein paar Beispiele:
Manche Menschen lieben es, ihren Kindern Kleidung zu nähen. Selbstgebackenes und -gekochtes zu Schulfeiern mitzubringen. Sich für alle möglichen Projekte und Dienste im Kindergarten einzutragen. Riesige Geburstagsparties zu schmeißen. Das ist alles wunderbar, solange du es wirklich willst.
Ich hab diese Aufgaben gehasst. Und ich mache sie nicht mehr.
Durch die Auswanderung haben wir uns von der Schulpflicht befreit und dadurch einen ganzen Berg sinnloser Stressfaktoren abgeschafft. Aber auch wenn ihr entscheidet mit Schule zu leben, kannst du einen Teil der Last von deinen Schultern kicken.
Und wenn es nur die Last ist, so zu tun, als würdest du Elternabende und Hausaufgabenbegleitung gerne machen. Du musst das nicht toll finden.
2. Trau dich, etwas anderes zu wollen.
Wie gesagt – ich wollte ausschlafen. In Verbundenheit und Ruhe in den Tag starten können. Außerdem wollte ich reisen. Durch Tropfsteinhöhlen kraxeln. Mit meinem Mann und anderen Eltern in den Dünen sitzen und über Träume plaudern, während unsere Kinder in den Wellen plantschen und Sandburgen bauen.
Ich wollte glückliche, entspannte Momente für uns alle. Ich wollte Abenteuer und Feriengefühl in meinem Herzen. Und zwar nicht nur während der pupsigen 3 Wochen Sommerurlaub. Ich wollte mein Leben damit füllen. Auch als Mutter.
Gerade als Mutter.
Die nächsten 10 bis 20 Jahre gestresst und traurig durch den Alltag zu hetzen und mein Leben nur in den Sommerferien zu erleben – das wäre nicht nur für mich selbst, sondern auch für meine Kinder furchtbar geworden.
3. Setz die Prioritäten in jedem Moment neu.
Mit der Zeit habe ich gelernt, dass ich Feriengefühl auch haben kann, wenn ich nicht am Strand sitze. Und ich muss das Nervige nicht erst erledigt haben, bevor ich den Moment genießen kann. Oft reicht es, einen Blick in den Himmel zu werfen, mich über die Luft zu freuen, die gerade in meine Lunge strömt und daran zu erinnern, dass ich in dieser Minute mein eigenes, kostbares Leben erlebe. Mit den vielen wunderbaren Möglichkeiten, die mir darin noch offen stehen.
Wenn mein Mann und ich vor der Buchhaltungstabelle sitzen und beginnen, uns genervt anzuzicken – dann erinnern wir uns inzwischen gegenseitig daran, wofür wir eigentlich hier sind. Wofür wir in Irland leben. Wofür wir uns selbstständig machen.
Sicher nicht, weil wir in das nächste Hamsterrad einsteigen wollen. Auch nicht, weil wir dazu gezwungen wurden.
Wir machen das, weil wir aus unserer Lebenszeit das Schönste herausholen wollen.
Dann kochen wir uns erstmal einen Kakao, knuddeln uns – und rechnen mit leichteren Herzen weiter. Manchmal entscheiden wir aber auch, dass es für heute reicht mit Buchhaltung. Und dann schnappen wir uns die Badesachen und fahren mit unseren Kindern ans Meer.
Ich pfeife auf die selbstgebackenen Kuchen und den unsichtbaren Fleißige-Mama-Orden, der über unseren Köpfen baumelt.
Ich setz mich in die Sonne und lass stattdessen meine Seele baumeln – je länger, desto besser.